Der allererste Prototyp eines Royal Enfield Motorfahrrades, das 1901 gemeinsam von dem Franzosen Jules Gobiet und dem Mitbegründer und Chefdesigner von Royal Enfield, Bob Walker Smith, entwickelt worden war, wurde im November 1901 auf der Stanley Cycle Show in London präsentiert – die junge Motorradindustrie war noch nicht hinreichend etabliert, um ihre eigene Ausstellung zu veranstalten. Die Fahrradausstellung bot damit den Rahmen, um eine zweirädrige, motorbetriebene Royal Enfield erstmals der Öffentlichkeit zu zeigen.
Lange her und bis dato wurde auch kein noch funktionierendes Modell dieses ursprünglichen Motorfahrrades gefunden, so dass ein wichtiges Teil des historischen Puzzles von Royal Enfield fehlte. Auch existierende Baupläne oder technischen Zeichnungen, die brauchbare Hinweise auf die Konstruktion des Motorfahrrades hätten geben können, waren Mangelware. Alles, was es gab, waren einige zeitgenössische Fotografien, Werbeanzeigen und ein paar illustrierte Zeitungsartikel von 1901, die einige grundsätzliche optische Hinweise und Informationen darüber lieferten, wie das Motorfahrrad ausgesehen und funktioniert haben könnte.
Spärliche Informationen also und dennoch machte es sich das heutige Royal Enfield Team zur Aufgabe, die geheimnisvolle Erfindung von 1901 bis zum 120-jährigen Firmenjubiläum zu rekonstruieren. In den Geschichtsbüchern machten die Ingenieure so viele Informationen und so viel altes Wissen wie möglich über die Pionierzeit der motorisierten Zweiräder ausfindig. In Zusammenarbeit mit weiteren Experten aus der Motorrad-Oldtimer-Community nahm die Schatzsuche nach allen Teilen des Konstruktions-Puzzles schließlich Fahrt auf.
Mit all diesen zusammengetragenen Hintergrundinformationen lag es dann in der Verantwortung des „Project Origin“-Teams, die Technologien der neuen Welt mit den Fertigkeiten und Praktiken der alten Welt zu kombinieren, um von Grund auf mit der vollständigen Rekonstruktion einer originalgetreuen Nachbildung zu beginnen. Als der Motorfahrrad Gestalt annahm, wurde schnell deutlich, wie viel handwerkliches Geschick und Fachwissen für die Herstellung bestimmter Teile des Motorrades erforderlich waren. Eines der komplexesten und schwierigsten Elemente war die Konstruktion des gefalteten Messingtanks, der in meisterhafter Handarbeit aus einem einzigen Messingblech gefaltet, geformt, gehämmert und gelötet wurde, wobei uralte Werkzeuge und Techniken zum Einsatz kamen, die in der modernen Fertigung von heute nahezu in Vergessenheit geraten sind. Die beschafften Originalteile aus der Zeit der Jahrhundertwende, wie die Petroleumlampe, die Hupe, der Ledersattel und die Räder, wurden alle generalüberholt und vernickelt. Das sollte den Eindruck erwecken, dass es sich beim fertigen „Project Origin“-Motorfahrrad genau um jenes handelt, das auf der Stanley Cycle Show 1901 zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Damals kostete das Bike übrigens genau 50 Pfund, was in heutigem Geld umgerechnet 4.000 Pfund/4.745 Euro entspricht – heute wäre das Original wahrscheinlich unbezahlbar.
Weitere Infos: royalenfield.com